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amazonas - die geschichten

Wie ich schon sagte, glaube ich, dass es mehrere Götter und Geister gibt. Die bewachen und halten sich an diesen Stellen auf, von denen ich Ihnen gerade erzählt habe, diesen unbewohnten Stellen, wo keine Menschenseele zu sehen ist. Dort passieren die Dinge, die man Saruã nennt. Und wenn man Saruã macht, dann taucht immer irgendein Tier auf.

Deshalb sollte man auch nie mit vollem Bauch in den Wald gehen. Vorher nie etwas Warmes essen, keinen warmen Kaffee, keinen warmen Brei, nichts. Man muss immer mit nüchternem Magen gehen, damit die Schlangen nicht böse werden und einen nicht beißen, damit einen kein giftiges Insekt sticht. Erst wenn man von der Arbeit zurückkommt, sollte man essen.

Also ich weiß, dass in den Küchen der großen Lager im Wald, in denen für alle das Essen zubereitet wird, warmes Essen, das gekocht wird und das sogar überkocht, Geister angezogen werden, die Böses tun und die sich in alles mögliche verwandeln. Das ist ein Naturphänomen, es kann zu einem bösem Tier werden, zu Donner, schlechtem Wetter, einem Gewitter, es kann sogar zu einem bicho-d´água werden. Ich habe, wie gesagt, schon diese Erfahrungen gemacht, mir ist es schon passiert.

Deswegen sage ich, dass wir mehrere Geister, mehrere Götter im Universum haben. Zum Beispiel den Gott der Erde, den Gott des Wassers, den Gott der Vögel. Ich glaube vor allem, dass es einen echten Gott geben muss, der über all die anderen Göttern herrscht.

Über den Gott des Waldes weiß ich Folgendes: Ich habe einen Bruder, mit dem ich früher zusammen arbeitete. Wir sammelten Cipó, Surva, Kautschuk, alle möglichen Arten von Produkten des Waldes. Ich habe niemals mehr als mein Bruder ernten können. Warum? Ich wusste nicht warum. Zum Beispiel an einem Tag, an dem es regnet, geht er zum Beispiel nicht Piaçava, Pflanzenfasern, schneiden. Ich auch nicht, aber ich bereite mich auf den nächsten Tag vor. Am nächsten Tag gehe ich dann schneiden und schaffe so um die neunzig Kilogramm Piaçava, zwei Ballen, also neunzig Kilogramm. Wenn ich neunzig Kilogramm schneide, schneidet er hundert, hundertzwanzig Kilogramm, also zwei Ballen à sechzig Kilogramm. Nach einer Weile habe ich mich entschieden, mich nicht mehr mit ihm zu messen, weil ich gegen ihn bei der Arbeit nie gewinnen konnte. Er war immer der Bessere, hatte mehr Glück.

Später kam er einmal zu mir und erzählte mir Folgendes: Wenn er in den Wald geht, nimmt er immer eine halbe Flasche Cachaça mit. Er formt aus Blättern oder einem Açaistengel einen Kelch, so eine Art Eimerchen, der Caparas heißt. Er geht und schüttet bis zum Ende des Wegs immer wieder ein klein wenig Schnaps auf die Erde und lässt nur ein bisschen Schnaps übrig. Er macht das für die Mutter des Waldes, damit sie ihm hilft, die richtigen Pflanzen zu finden. Zu finden und dann auch beim Verarbeiten zu helfen.

Also ich glaube, dass das die reine Wahrheit ist. Er war derjenige meiner Brüder, der am meisten gearbeitet und den größten Erfolg hatte. Mehr als wir alle und wir waren sieben Brüder. Man könnte überhaupt nicht erklären, warum er mehr schaffte als wir.

Erst nachdem wir aufgehört hatten im Wald zu arbeiten, erzählte er mir das Geheimnis wie es ihm gelang, besser zu sein als die anderen. Das machte er so bei jeder Art von Arbeit, auch beim Kautschuk-Sammeln: Er ging in den Wald und verschüttete den Schnaps an verschiedenen Stellen. Und der Gott des Waldes half ihm. Beim Kautschuk brachte er es auf drei, vier Fässer und ich nur auf eins, höchstens zwei.

Einmal gingen wir zum Piaçavafeld. Ich suchte meinen Weg und er fand den seinen. Ich glaube, er hatte Schnaps bei sich. Plötzlich donnerte es wie ein Feuerwerk über unseren Köpfen. Ich erschrak und fragte: Was zum Teufel ist hier los? Da sagte er: Das ist die Mutter des Waldes. Ich glaube, sie ist betrunken, weil ich ihr eine ganze Flasche Schnaps mitgebracht habe. Und interessanterweise war am nächsten Tag kein einziger Tropfen Schnaps mehr zu finden, alles war leer.


Erzählt von Borge de Oliviera Franca am 11. Oktober 2000 in seinem Haus in São Gabriel de Cachoeira am Rio Negro.