POUTINI war ein im Wasser lebender Taniwha. Er diente Ngahue, dem Gott des Pounamu. Poutini fürchtete nur Whatipu, einen anderen Taniwha, der für Hinehoaka, dem Gott des Sandsteins, wachte. (Um die Härte des Grünsteins zu brechen und ihn zu bearbeiten, war das Schleifen mit Sandsteinmessern der einzige Weg)
Einst, als Poutini wieder von Whatipu durch die Ozeane gejagt wurde, fand er Zuflucht im Winkel einer schattigen Bucht von TUHUA (Mayor Island). Ganz in der Früh ruhte er sich im stillen Morgenwasser aus, als eine wunderschöne Frau zum Wasser herabstieg, um zu baden. Sie hieß Waitaiki. Poutini sah, wie sie ihre Kleider ablegte und in die See glitt. Da bekam er große Lust auf sie.
Ungeachtet der Gefahr, daß sein Feind Whatipu ihn entdecken könnte, stürzte er sich in die Bucht, fing mit einem Wasserschwall lautlos Waitaiki und floh mit ihr über die See aufs Festland.
Inzwischen kam Tamaahua, Waitaikis Gatte zurück und rief nach seinem Weib. Als er keine Antwort bekam, begann er verstört nach ihr zu suchen. Er fand ihre Kleider am Ufer und wußte gleich, daß sie ein fürchterliches Schicksal ereilt hatte. Außer sich vor Sorge und Angst um sie begab er sich zum Tuahu, dem heiligen Ort, und suchte mit der Kraft von Karakias ihr Schicksal zu ergründen und zu beschwören. Um sie zu finden, nahm er den Tekateka, einen kleinen pfeilähnlichen Speer, und schleuderte ihn in die Luft. Dieser blieb zitternd in der Luft hängen und zeigte zum Festland, wohin Poutini mit seiner schönen Gefangenen Waitaiki geflohen war. Tamaahua stürmte zu seinem Kanu und nahm die Verfolgung auf.
Poutini hatte eine Rast in TAHANGA auf der Coromandel Halbinsel eingelegt und ein Feuer am Strand entfacht, um Waitaiki zu wärmen. Dann floh er mit ihr weiter quer übers Land nach WHANGAMATA am Westufer des Tauposees und machte ein weiteres Feuer für sie. Tamaahua landete inzwischen am Strand von Tahanga und entdeckte die Feuerstelle, aber die Asche war bereits kalt. Und wieder warf er den Tekateka um herauszufinden, in welche Richtung er weitersuchen sollte. Er erreichte Whangamata und fand die Reste des zweiten Feuers. Erneut warf er seinen Tekateka und verfolgte Poutini und Waitaiki weiter, ohne zu überlegen, was eigentlich geschehen war und welche Mächte darin verwickelt sein könnten.
Weiter ging die Jagd, und an der Feuerstelle eines jeden Rastplatzes warf er seinen Speer: von RANGITOTO (D'Urville Island) nach WHANGAMOA, in die Hügel über Whakatu (Nelson) und weiter nach ONETAHUA, der Farewell Spitze, dann die Westküste hinunter nach PAHUA in der Nähe von Punakaiki und über Mawheranui nach Taramakau und zum ARAHURAFLUSS. Er kam nach Mahitahi, wo die Tupuna, wenn sie in den Süden reisten, das Land verließen und mit den Kanus auf See gingen. Als er die Mündung des Arahuraflusses überquerte, bemerkte Tamaahua, daß dessen Wasser nicht so kalt war wie das der anderen Flüsse, die er passiert hatte. Aber er war zu sehr im Jagdfieber, um Zeit zu verschwenden - der Tekateka zog ihn südwärts.
Mit dem Kanu paddelte er weiter nach Süden, bis er an die Mündung von Piopiotahi (Milford Sound) kam. Hier blieb der Tekateka in der Luft stehen und wies den Weg zurück, den er gerade gekommen war. Enttäuscht und wütend kehrte Tamaahua wieder um nach Norden, immer seinem Speer folgend. Dieser wartete an der Arahuramündung auf ihn, dort, wo Tamaahua auf der Hinreise das wärmere Wasser bemerkt hatte. Nach neuerlichen Beschwörungen wußte er nun, daß seine geliebte Waitaiki stromauf im Arahuraflußtal litt. Daraufhin bereitete er sich wie ein Krieger auf den Kampf vor.
Poutini hatte sich wirklich am oberen Arahura an einer Bachmündung versteckt. Und weil er gottähnlich war, wußte er, daß Tamaahua den Fluß heraufkommen würde, um ihn zu töten. Er wußte auch, daß er nur eine geringe Chance hatte zu entkommen, wenn Tamaahua ihn finden würde. Aber er wollte seine wunderschöne Gefangene nicht verlassen. Da er Waitaiki nicht behalten konnte, sollte niemand sie bekommen. Er verwandelte sie in Pounamu, sein spirituelles Selbst, und legte die zu Stein gewordene Frau ins Flußbett. Der Bach, an dessen Mündung sie liegt, wird noch heute WAITAIKI genannt. Dann glitt Poutini leise stromab und schwamm zur Küste, unbemerkt am zornerfüllten Tamaahua vorbei, der herauf eilte um ihn zu vernichten. Seitdem Poutini diese Wasser mit seiner spirituellen Kraft durchkreuzt hatte, ist Pounamu heilig und diese Küste wird TE TAI POUTINI, die Flut des Poutini, genannt.
Tamaahua fand sein wundervolles Weib Waitaiki. Sie lag in ihrem letzten Bett als graugrüner, glatter, lebloser Stein. Er fiel in tiefe Trauer um sie und seinen Verlust. Nachdem er aber genug getrauert hatte, schaute er um sich und benannte zwei Hügel in der Nähe, TUHUA nach seiner Inselheimat und TAMAAHUA nach sich selbst und machte sich dann auf die lange Heimreise zurück nach Tuhua. Dort heiratete er eine andere Frau und hatte viele Kinder.
Seither, wenn der Winterschnee zum Frühling schmilzt, und die Wasser durch die wilde Arahuraschlucht tosen, brechen Stücke von Pounamu aus dem Körper von Waitaiki und nehmen ihren Weg hinab durchs Flußbett. Dies sind die Uri, die Kinder von Waitaiki, der Urmutter des Steins und gleichzeitig die Eltern der spirituellen Kraft, die im Pounamu verborgen liegt.